Vor dem Hintergrund der großen Gefahr, welche für die Umwelt von Deponien ausgehen kann, ist eine kontinuierliche Kontrolle des physikalischen Verhaltens des Deponiekörpers und seiner Umgebung - insbesondere seiner Abdichtungselemente - sowie die Erfassung möglicher chemischer Veränderungen im Grundwasser eine unabdingbare Notwendigkeit.
In einer den heutigen gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Basisabdichtung fallen im Wesentlichen die in Abb. 1 aufgezählten Messaufgaben zur Langzeiterfassung sicherheitsrelevanter Betriebsdaten an.
Abb. 1 Messaufgaben in der Basisabdichtung einer Mülldeponie (nach Reuter, 1989)
In der seitlichen Abdichtung stehen vergleichbare Messaufgaben an, jedoch ist dort statt der Setzung die seitliche Verschiebung der Dichtungselemente zu kontrollieren, und der Dehnungsmessung in der HDPE-Folie kommt eine besondere Bedeutung zu, weil je nach Neigung der seitlichen Böschung, die Folie deutlich mehr beansprucht werden kann als an der Deponiebasis.
Neben sicherheitsrelevanten Setzungsmessungen ist der gleichmäßige, den Erwartungen entsprechende Verlauf der Setzungen des Deponieuntergrundes auch wichtig für die Einhaltung des vorgegebenen Sollgefälles der Drainageleitungen, und lokale Setzungen können z. B. den Aufstau von Wasser in den Rohren und hierin die Ablagerung von den im Sickerwasser mitgeführten Feststoffen nach sich ziehen. Außerdem muss die Sackung des Abfallkörpers selbst aus folgenden Gründen bekannt sein:
- Die Betriebszeit der Deponie kann nur dann abgeschätzt werden, wenn zeitabhängige Beobachtungen über die Kompaktierung des Abfalls vorliegen,
- die Rekultivierung kann nur mit einer zuverlässigen Setzungsprognose geplant werden und
- die Oberflächenabdichtung muss entsprechend dem Setzungsverlauf ausgelegt sein.
Erst regelmäßige Setzungsmessungen des Abfallkörpers erlauben nach abfalltechnischer und bodenmechanischer Auswertung eine Prognose des Endmaßes der Setzungen.
Bisher konnten flächenhafte Setzungsmessungen nur nach Abschluss der Deponieauffüllung durchgeführt werden. Heute sind durch regelmäßige Befliegungen Setzungsmessungen einfach und mit großer Genauigkeit möglich (Gertloff, 1990). Messungen zum Setzungsverlauf der Sohle waren früher völlig unmöglich. Mit hydrostatischen Verfahren der Höhenvermessung von Rohren können jetzt Setzungsprofile über die gesamte Länge eines Entwässerungs- oder Entgasungsrohres durchgeführt werden. Bei engen Rohrabständen sowie in mehreren Höhenlagen eingebauten horizontalen Entgasungsrohren ist ein enges Raster des Setzungsverlaufes erhältlich.
Das Entwässerungssystem sollte mit Hilfe dieser Methoden
- unmittelbar nach dem Einbau (Bauabnahme),
- nach Aufbringen der ersten Abfallschichten, und
- während des Betriebes in jährlichen Intervallen kontrolliert werden.
Der Setzungsverlauf des Abfallkörpers ist natürlich in Abhängigkeit von der spezifischen Aufgabenstellung zu verfolgen. Das Ausmaß der Setzungen des Abfallkörpers ist u. a. von den Umsetzungsprozessen sowie dem Aufbaufortschritt abhängig, weshalb für eine sichere Prognose auch kürzere Intervalle der Setzungsmessungen sinnvoll sein können.
Zu den obligatorischen Aufgaben der Deponiekontrolle zählt die Erfassung der gesamten anfallenden Sickerwassermenge. Daneben ist die periodische Kontrolle der Abflussmenge der einzelnen Entwässerungsrohre sinnvoll. Ein Vergleich der anfallenden Wassermengen aus den Einzelsträngen liefert erste Hinweise auf ein Teilversagen des Entwässerungssystems. Die Auswertung des gesamten Sickerwasserabflusses in Verbindung mit meteorologischen Daten (Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchte) schafft die Grundlage für Betrachtungen zum Wasserhaushalt der Deponie. Auf dieser Basis und im Vergleich mit anderen Deponien können u. U. irreguläre Speicher- und Rückhaltevorgänge erkannt werden.
Am sinnvollsten ist eine kontinuierliche Messung des Sickerwasseranfalls bei gleichzeitiger Messung der elektrischen Leitfähigkeit und des pH-Wertes.
Diese gemeinsame Aufzeichnung und Auswertung der gemessenen Parameter erlaubt z. B. Rückschlüsse, ob größere Anteile von Regenwasser in das System gelangen. Erhöht sich der Sickerwasseranfall unmittelbar nach Einsetzen von Niederschlag und geht die Leitfähigkeit parallel zurück, ist zu überprüfen, ob nicht unverschmutztes Regenwasser in das Entwässerungssystem gelangt. Die kontinuierlich anfallenden Daten können mit digitalen Datenerfassungs- und Rechnersystemen "online" ausgewertet werden.
Die Analyse des anfallenden Sickerwassers ist neben der Deponiegasanalyse die wichtigste Methode zur Überwachung der von der Deponie ausgehenden Emissionen. Benötigt wird sie neben der Planung und Steuerung der Sickerwasserbehandlung zum Erkennen der Umsetzungsprozesse im Deponiekörper. Umfangreiche Vollanalysen nach Maßgabe der Überwachungsbehörden werden in der Regel nur vom gesamt abfließenden Sickerwasser oder vom Sickerwasser einzelner Bauabschnitte durchgeführt.
Im Normalfall wird auf Deponien erst durch das unkontrollierte Austreten von Sickerwasser im Fuß- oder Böschungsbereich oder im Zuge von Baumaßnahmen bemerkt, dass sich Sickerwasser innerhalb des Deponiekörpers aufgestaut hat. Hier ist gleichfalls eine regelmäßige Kontrolle durch Piezometer erforderlich. Es sollte deshalb jeder verfüllte Bauabschnitt einer Deponie oder im Fall längerer Verfüllungspausen jeder zwischenverfüllte Bauabschnitt mit Pegeln zur Kontrolle des Sickerwasseraufstaus auf der Deponiesohle versehen werden. Ein Niederbringen der Pegel nach dem Einbau der Abfälle ist zwar günstiger als ein gleichzeitiges Hochziehen, weil es im Bereich der Pegel meist zu einer irregulären, zu geringen Verdichtung des Abfalls kommt. Andererseits kann eine Bohrung nach Fertigstellung der Deponie zu einer Undichtigkeit in der Basisabdichtung führen, weshalb solche Bohrungen nur in Ausnahmefällen statthaft sind.
Die Pegel sind nur im Fußbereich der Deponie zu verfiltern, ansonsten als Vollrohr auszulegen, um keine scheinbaren Wasserstände infolge Gasdrucks oder eines Wasseraufstaus infolge von Sperrschichten innerhalb des Deponiekörpers zu erfassen. Der Fußpunkt der Pegel sollte ca. 1 m oberhalb der Abdichtung angeordnet werden. Als Rohrmaterial kommt nur Kunststoff in Betracht (HDPE). Der Durchmesser sollte nicht unter 4" gewählt werden, um mit einer Tauchpumpe auch Sickerwasserproben nehmen zu können.
Pro Bauabschnitt einer Deponie sollten mindestens drei Beobachtungspegel angeordnet werden, um die Ausrichtung der Wasseroberfläche zu erfassen. Die genaue Anordnung und Anzahl richtet sich nach der Größe und Anordnung des Entwässerungssystems.
Die Wasserstände in den Pegeln sind mit einem Pegelschreiber oder mit einer zentralen Datenerfassungsanlage kontinuierlich aufzuzeichnen, dabei werden Temperatur, pH-Wert und elektrische Leitfähigkeit ebenfalls miterfasst.
Überhaupt sind Temperaturmessungen in Deponien heute noch eher die Ausnahme. Die Kenntnis der Temperaturen und Temperaturverläufe ist jedoch nach Ramke (1987) aus mehreren Gründen von Vorteil:
- Die thermische Beanspruchung der Rohrleitungen beeinflusst die Dauerstandfestigkeit. Eine Kenntnis der Temperaturentwicklung an der Deponiebasis ermöglicht eine sachgerechtere Dimensionierung.
- Die Temperatur des abfließenden Sickerwassers ist bedeutsam für die Konzeption von Sickerwasserbehandlungsanlagen.
- Die Temperaturentwicklung innerhalb des Müllkörpers ermöglicht in Verbindung mit anderen Parametern ein besseres Verständnis der Abbauprozesse.
- Temperaturgradienten (vertikal und horizontal) sind unter Umständen mitverantwortlich für die Bildung von Ablagerungen im Entwässerungssystem.
- In Schlacken- und Sonderabfalldeponien geben die Temperaturen u. U. Aufschlüsse über unerwünschte Reaktionen im Abfallkörper.
Die Kenntnis der Temperaturentwicklung ist somit ein Parameter, der unmittelbar für den Betrieb der Deponie erforderlich sein kann. Besonders jedoch spielt diese Kenntnis bereits bei der Planung eine wichtige Rolle.
Die Aufsichts- und Genehmigungsbehörden haben solchen Kenntnissen Rechnung getragen und in der TA Abfall sowie in der TA Siedlungsabfall ein umfangreiches "Mess- und Kontrollprogramm" zur Überwachung von Deponien vorgeschrieben. Dort lautet die entsprechende Textpassage:
"Es sind in der Regel die folgenden Überwachungseinrichtungen vorzuhalten und in regelmäßigen Abständen auf ihre Funktionsfähigkeit hin zu überprüfen:
- Grundwasserüberwachungssystem mit mindestens einer Messstelle im Grundwasseranstrom und eine ausreichende Anzahl von Messstellen im Grundwasserabstrombereich der Deponie; es muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass der gesamte Grundwasserabstrom ausreichend genau überwacht werden kann,
- Messeinrichtungen zur Überwachung der Setzungen und Verformungen des Deponiekörpers,
- Messeinrichtungen zur Überwachung der Setzungen und Verformungen der Deponieabdichtungssysteme,
- Messeinrichtungen für die meteorologische Datenerfassung
- Niederschlagsmesseinrichtung,
- Temperaturmesseinrichtung,
- Windmesseinrichtung,
- Verdunstungsmesseinrichtung;
- auf die Datenerfassung von meteorologischer Messstationen an einem vergleichbaren Standort in unmittelbarer Umgebung kann zurückgegriffen werden,
- Messeinrichtungen zur Erfassung der Wassermengen, die zur Aufstellung der Wasserhaushaltsbilanzen erforderlich sind,
- Messeinrichtungen zur Erfassung der Qualität von Sickerwasser und sonstigen Wässern,
- Messeinrichtungen zur Überwachung der Temperatur an der Deponiebasis.
Ist mit Deponiegas zu rechnen, sind Einrichtungen für Deponiegasmessungen und Gaspegel zur Emmissionsüberwachung vorzusehen. Eigenkontrollen müssen während der Betriebsphase und in der Nachsorgephase der Deponie durchgeführt und ausgewertet werden. Es gelten die Anforderungen des Anhangs G der TA Abfall. Die Registrierung soll mittels elektronischer Datenverarbeitung erfolgen".
Diese Überwachungseinrichtungen sind teilweise als Mindestanforderungen gedacht. Da es keine "Einheitsdeponie" gibt, erfordert jeder Standort mit seinen speziellen Gegebenheiten ein eigenes, angepasstes Mess- und Kontrollsystem.
Die komplette Beschreibung zu Geotechnische Messungen im Deponiebau finden Sie auch hier als pdf.