Bohrlochaufweitungsversuche dienen der Modulbestimmung des Anstehenden in Bohrlöchern. Der Geräteaufbau ist, bedingt durch das Anwendungsgebiet, in zwei Gruppen aufgliederbar: In Böden sind einerseits geringe Anpressdrücke und große Wege gefragt, in Fels dagegen hohe Drücke und relativ kleine Wege. Folgende Verfah­ren existieren, um diesen gewünschten Anforderungen genüge zu tun:

  1. Hydraulische Zylinder kombiniert mit halbschalenförmigen Lastplatten und elektri­scher Wegmessung (Seitendruckgeräte);
  2. Schlauchpacker mit volumetrischer Bestimmung der Bohrlochaufweitung (Ménard-Sonde);
  3. Schlauchpacker kombiniert mit elektrischer Wegmessung (Dilatometer).

Vorteil der Lösung 1 sind die hohen Drücke, welche über die Zylinder aufgebracht wer­den können. Nachteil des Verfahrens sind insbesondere im Fels die halbschalenförmi­gen Lastplatten, welche exakt dem Bohrlochdurchmesser angepasst sein müssen; an­dernfalls wird der hydraulische Druck nur als Linienlast auf die Bohrlochwandung über­tragen. Swolfs und Kibler (1982) sowie Shuri (1981) haben auf diese Problematik hingewiesen, was zu einem deutlichen Rückgang der Anwendung dieses Sondentyps in Fels geführt hat (s. Abb. 1).

 


Abb. 1      Unvollständiger Lastplatten-Bohrlochwand-Kontakt in einem Bohrloch mit einem Radius, der größer ist als der Radius der Lastplattenwölbung (aus Becker, 1985)

 

In Böden und Weichgesteinen dagegen können sich die Lastplatten in den Baugrund einstanzen, so dass ein vollständiger Kontakt zum Anstehenden sichergestellt ist.

Dieser Sondentyp ist in drei verschiedenen Durchmessern verfügbar:

  • Goodman-Sonde (Bohrlochdurchmesser 76 mm)
  • Ettlinger Seitendruckgerät 101 (Bohrlochdurchmesser 101 mm)
  • Ettlinger Seitendruckgerät I-II/146 (Bohrlochdurchmesser 146 mm)

Die Goodman-Sonde ist für einen Bohrlochdurchmesser gebaut, welcher für Erkun­dungsbohrungen besonders im angelsächsischen Sprachraum üblich ist. Neben dem großen Vorteil hoher Drücke, welche auf die Bohrlochwandung aufgebracht werden, haftet dieser Sonde der Mangel an, dass sie nur einen Messweg von 5 mm bei einer Ablesegenauigkeit von 0,01 mm besitzt. In der Sondenkonstruktion steckt der Wider­spruch, dass die Sondenkraft dafür ausreicht, Fels mit hohen und höchsten Federkon­stanten zu testen, dass aber gleichzeitig die Ablesegenauigkeit des Wegmesssystems (nicht die Messgenauigkeit) nur 0,01 mm beträgt. Setzt man diese Sonde umgekehrt in wenig festen Gesteinen ein, so ist der Messweg von 5 mm völlig unzulänglich, um et­was höhere Sondendrücke auf das Gebirge aufzubringen und damit die Vorteile der Sonde zu nutzen. Fügt man diesem Nachteil auch noch den oben erwähnten Effekt ei­nes unvollständigen Lastplatten-Bohrlochwand-Kontaktes hinzu und betrachtet darüber hinaus auch noch den kleinen Bohrlochdurchmesser als Mangel, so muss man zu dem Schluss kommen, dass die Goodman-Sonde heute aus technischen wie aus felsme­chanischen Gesichtspunkten überholt ist.

Um diese Widersprüche und Mängel zu beheben, wurden von uns zwei Seitendruckge­räte für einen Bohrlochdurchmesser von 101 mm und einen solchen von 146 mm kon­struiert. Sie erreichen einen Messweg von 40 bzw. 50 mm bei einer Ablesegenauigkeit von 0,001 mm. Die Sondenkräfte sind so ausgelegt, dass sie sich für den Einsatz in wenig festem Fels und in Böden eignen. Der Sondendurchmesser von 101 mm ist be­sonders für geologische Situationen gedacht, bei denen infolge Wechselhaftigkeit des Gebirges kurzfristig nach Fertigstellung der Vorbohrung entschieden werden muss, ob ein Seitendruckversuch oder ein Dilatometerversuch ausgeführt werden soll. Diese Möglichkeit war früher nicht gegeben.

Variante 2 des Bohrlochaufweitungsversuches ist als das pressiometrische Verfahren nach Ménard in der Bodenmechanik eingeführt. Die Bohrlochwandung wird dabei radi­alsymmetrisch belastet, was gegenüber der halbschalenförmigen Belastung gemäß Va­riante 1 eine mechanisch eindeutigere Belastung des Bodens darstellt. Bei großen Verformungen (also in Böden) ist die Messung der Durchmesseränderung einigerma­ßen zuverlässig und sehr wirtschaftlich. Bei kleinen Durchmesseränderungen in Fest­gesteinen ergibt das Verfahren jedoch unbefriedigende Ergebnisse wegen der zu unge­nauen Verformungsmessung.

Die unter 3. genannte Variante hat sich besonders in Kombination mit Erkundungsboh­rungen ∅ 146 mm (SK6L) gut bewährt. Die Bohrlochwandung wird bei dieser Ver­suchsart ebenfalls radialsymmetrisch belastet. Vorteilhaft ist die Ausführung mit einem Sondendurchmesser von 95 mm, weil dadurch ein Einsatz in Kombination mit dem Seil­kernrohr SK6L und einer Vorbohrung ∅ 101 mm möglich ist. Ein kleinerer Sonden­durchmesser ist aus felsmechanischen Gründen nicht wünschenswert.

Dieser Sondentyp, der auch als Dilatometer bezeichnet wird, ist besonders für Versu­che in Fels mit einaxialen Festigkeiten ≥ 25 MPa geeignet, weil der Schlauchpacker sich dem tatsächlichen Bohrlochdurchmesser anpasst und auch bei einer unebenen Bohrlochwandung ein flächenhafter Kontakt zwischen Sonde und Bohrlochwand sicher­gestellt ist. Wogegen die beiden anderen Versuchsvarianten vornehmlich in Böden (einaxiale Druckfestigkeit ≤ 1 MPa) und Fels sehr geringer Festigkeit (mit einer einaxia­len Druckfestigkeit zwischen 1 und 25 MPa) zum Einsatz kommen, wo der satte Kontakt zwischen Sonde und Bohrlochwand beim Versuch bereits nach einer kurzen Anlege­phase, welche im Versuchsdiagramm meist gut zum Ausdruck kommt, gewährleistet ist.

Gehen wir ferner davon aus, dass sich die allgemeinen Konstruktionslasten unserer Bauwerke zwischen 0 und 4 MPa bewegen, so wird man danach trachten, dass die zum Einsatz gelangenden Sonden den Modul des Anstehenden auch in diesem Lastintervall testen können.

 

Die komplette Beschreibung zu Bohrlochaufweitungsversuche finden Sie auch hier als pdf.