Der Lastplattenversuch oder Plattendruckversuch wird i. a. in Untersuchungsstollen oder Schächten durchgeführt, kann aber auch durch Aufbringung von Totlasten oder durch Lastaufbringung über Zugpfähle an der Geländeoberfläche ausgeführt werden. (Im Gegensatz zum Plattendruckversuch an Lockergesteinen reicht eine Belastung durch Gewichte von Fahrzeugen o. ä. meist nicht aus.)

Der Lastplattenversuch im Stollen wird üblicherweise mit gegenüberliegenden Druck­platten ausgeführt. Die beiden Lastplatten werden über hydraulische Zylinder gegen die Stollenwandungen gepresst. Die Belastung und die Verschiebungen der Stollenwand sowie gegebenenfalls die Verschiebungen von Fixpunkten in verschiedener Entfernung von der Lastplatte (im Fels) werden registriert. Die aufzubringenden Druckspannungen sollten etwa doppelt so groß sein wie die theoretische Vertikalspannung über dem tiefsten Bauwerkspunkt. In der Regel wird jedoch eine Spannung von 4 MN/m2 für aus­reichend gehalten.

Unter Annahme einer starren Lastplatte, die einen homogenen, elastischen Halbraum belastet, lassen sich die Be- bzw. Entlastungsmoduli aus der Plattendruck/Platten-verschiebungskurve als Mittelwerte über den theoretisch beeinflussten Felsbereich er-mitteln:


Δσ    =    Spannungsänderung unter Annahme einer gleichmäßigen Last­verteilung
ν      =    Poissonzahl
Δl     =    Verschiebung der Lastplatte
l       =    Einwirktiefe (unter der Annahme l = 1,57 mal Radius der Lastplatte)

 

Um den Einfluss der Auflockerung des Gebirges in verschiedenen Tiefen berücksichti­gen zu können, werden in Sonderfällen Deformationsmoduli (Ed und Vd) auch in Ab­hängigkeit vom Abstand zur Lastplatte (Stollenwand) bestimmt. Hierzu werden Ver­schiebungen verschiedener Fixpunkte (3 bis 5) im Fels unterhalb der Lastplatte und damit die tatsächliche Einwirktiefe mittels Mehrfachextensometern gemessen.

Hieraus lassen sich die Deformationsmoduli in Abhängigkeit vom Abstand zur Lastplatte ermitteln nach

Δlz =      Verschiebung eines Messpunktes in der Entfernung z von der Lastplatte (in einem zentralen Loch normal zur Lastplatte)
ν    =      Poissonzahl
z    =      Entfernung Lastplattenmitte - Messpunkt
a1   =      Radius des Messloches in der Lastplatte
a2   =      Radius der Lastplatte

 

Durch Drehung der Achsrichtung der Versuchsapparatur können Angaben zur Rich­tungsabhängigkeit des Verformungsverhaltens gemacht werden. Erfahrungsgemäß lie­fern die Auswertungen von Plattendruckversuchen geringere Verformungsmoduli als tatsächlich vorhanden sind, worauf schon Kratochvil (1963) aufgrund von Vergleichen mit gemessenen Setzungen an mehreren Talsperrenfundamenten hingewiesen hat.

Die Lastplattenversuche in untertägigen Hohlräumen lassen sich gegebenenfalls auch bis zum Versagen der Stollenwand unterhalb der Lastverteilplatten fortführen. Infolge der dabei zu erwartenden inhomogenen Spannungsverteilung erhält man hieraus je­doch keine wohldefinierten Festigkeitswerte, wie z. B. im ein- oder mehrachsigen Druckversuch.

Die Bauhöhe der Versuchsapparatur kann durch Distanzstücke den örtlichen Gegeben­heiten angepasst werden (s. Abb. 2 und 3). In Stollen kann der Lastplattenversuch als Doppellastplattenversuch entsprechend der Empfehlung Nr.  6 des Arbeitskreises 3.3 - Versuchstechnik Fels - der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e. V. (1985) ausgeführt werden. Dabei werden die Gebirgsverschiebungen an beiden Lastplatten gemessen (Abb. 1).

 


Abb. 1     Lastplattenversuch im Zugangsstollen des Landrückentunnels

1 3fach Extensometer, 2 Lastverteilerplatte ∅ 1128 mm, 3 Kalotte, 4 3 Stück Druckzylinder à 1,5MN, 5 Reaktionsbalken

Durchführung eines Horizontalversuches. Versuchsanordnung schematisch. Lastplatte auf Beton der Tunnelschale aufgesetzt. Extensometerkopf für Verschiebungsmessungen am Übergang Gebirge/Beton.

 


Abb. 2      Versuchseinrichtung mit Lastplattendurchmesser 798 mm

 


Abb. 3      Distanzstücke für Versuchseinrichtung mit Lastplattendurchmesser 798 mm

 

Die Wahl des Lastplattendurchmessers, seien es 798 oder 1128 mm, ist eine Frage des Maßstabeffektes. Darunter ist das Verhältnis von Prüfkörpergröße und mittlerem Kluft­abstand zu verstehen, welches zur Erfassung der mechanischen Gesetzmäßigkeiten (die ja statistische Gesetze sind) ausreicht und welches nicht. Nur wenn die Zahl der Teilkörper, aus denen sich die Felsmasse eines gewissen Größenbereiches zusam­mensetzt, hinreichend groß ist, können die aus einem Versuch oder einer Materialprü­fung abgeleiteten physikalischen Beziehungen als statistisch gültig betrachtet werden. Das ist zwar etwas längst Bekanntes, nur leider noch immer nicht allgemein zur Kennt­nis genommenes.

Es sei ferner daran erinnert, dass die Beziehungen des Maßstabeffektes keine stetigen, sondern unstetige Funktionen sind; ein Problem, das an sich schon frühzeitig in der Felsmechanik-Forschung erkannt worden ist, wie die Großversuche in situ in den fünf­ziger und sechziger Jahren zeigen, das aber nur langsam allgemeine Berücksichtigung findet.

Es kann daher in manchen Gefügesituationen erforderlich sein, eine Lastplattenfläche von 3, ja von 4 m2 wählen zu müssen. Für solche Fälle ist es einfacher, statt des Last­plattenversuches die Methode des hydraulischen Druckkissens anzuwenden, welche von Kujundzic entwickelt wurde.

Der Versuchsaufbau mit dem hydraulischen Druckkissen ist in Abb. 4 dargestellt. An der vorgesehenen Messstelle wird im Fels ein Schlitz ausgebrochen, in dem ein kreis­förmiges Druckkissen von 2 m Durchmesser eingesetzt und der Zwischenraum zwi­schen dem Druckkissen und dem Fels mit Beton ausgefüllt wird.

Bei der Lastaufbringung durch das Druckkissen wird seine mittlere Verformung mit der volumetrischen Methode gemessen. Dazu wird mit einer Hand- oder Motorpumpe Was­ser bzw. Hydrauliköl aus einem graduierten Standrohr in das Druckkissen gepumpt und auf diese Weise ein hydrostatischer Druck erzeugt, der sich über den Beton auf das Gebirge überträgt. Dabei verformt sich der Fels und das Druckkissen vergrößert gleich­zeitig seinen Rauminhalt, während der Flüssigkeitsspiegel im Standrohr absinkt.


Abb. 4      Druckversuch mit hydraulischem Kissen

 

(1) Schlitz im Fels, (2) Druckkissen ∅ 2 m, (3) Betonfüllung,
(4) Standrohr, (5) Handpumpe, (6) Verschiebungsmesseinrichtung
(nach Kujunzic, 1970)

 

Aus der Größe dieser Absenkung und der bekannten Querschnittsfläche des Standroh­res kann die Gesamtänderung des Druckkissen-Rauminhaltes und aus ihm die mittlere Felsverformung errechnet werden. Darüber hinaus können die Verformungen des Ge­birges auch am Umfang der belasteten Fläche mit elektrischen oder mechanischen Wegmessgeräten erfasst werden.

Der Elastizitäts- und Verformungsmodul wird nach der Gleichung von Boussinesq be­rechnet zu

Δp            =      Gesamtbelastung unter Annahme einer gleichmäßigen Lastverteilung in MN
n              =      Poissonzahl
Δlm           =      mittlere Gebirgsverformung in m
r               =      Radius der belasteten kreisförmigen Fläche in m

 

Für die Modulbestimmung in bestimmten Gefügesituationen reicht auch eine Lastplat­tenfläche von 3 m2 nicht aus, um den Maßstabeffekt völlig auszuschließen. Wir halten es jedoch für möglich, auch hydraulische Druckkissen von 2,5 m oder gar 3 m Durch­messer herzustellen, was immerhin einer Fläche von 7 m2 entspricht.

Für große Bauwerke, wie z. B. eine Talsperre sind aber selbst Lastplattenflächen von 7 m2 vergleichsweise geringe Abmessungen, weshalb wir in solchen Fällen dazu raten, in situ Großversuche, also einen Radialpressenversuch oder einen Druckkammerver­such nach Oberti, in einem der Erkundungsstollen für das Bauwerk durchzuführen und so eine zutreffende, richtungsabhängige Charakterisierung der Verformungseigen­schaften des Gebirges zu erlangen.

 


Abb. 5      Lastplattenversuch im Landrückentunnel, Horizontalversuch

 


Abb. 6      Lastplattenversuch im Landrückentunnel, Vertikalversuch

 


Abb. 7      Lastplattenversuch im Rollenbergtunnel, Vertikalversuch

 

 

Die komplette Beschreibung zu Lastplattenversuche finden Sie auch hier als pdf.